Wie man als Vollzeit-Mama Mitarbeiterin des Monats wird

14/11/2019
Vollzeitmama in Irland
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Zum wiederholten Male wurde ich zur Mitarbeiterin des Monats ernannt. Die Ehrung findet immer im kleinen Kreis statt. Keine langen Reden oder Danksagungen, dafür viele Emotionen. Manchmal fließen sogar Tränen. Neulich hatte ich mich extra chic gemacht, aber das hat nicht allzu lange angehalten. Jemand hat mir etwas über das Oberteil gekippt. Ärgerlich, aber das passiert nun mal.

In den letzten zweieinhalb Jahren war ein dynamischer junger Mann für die Auszeichnung verantwortlich. Seit September diesen Jahres wird er von einer forschen Dame unterstützt. Gemeinsam beobachten sie mich täglich und oft weiß ich nicht, was gerade in ihren Köpfen vorgeht. Sie stellen hohe Anforderungen und äußern lautstark Kritik. Manchmal denke ich, dass ich ihren Ansprüchen nicht gerecht werde und fühle mich wie eine Versagerin. Um so glücklicher bin ich dann, wenn mir wieder die erwähnte Anerkennung entgegen gebracht wird. Des öfteren kommt es ganz unerwartet, aber manchmal rechne ich auch fest damit.

Die Herausforderung

Man hört viel Negatives über meinen Job. Dabei ist er eigentlich sehr populär und viele möchten ihn machen. Die Jobbeschreibung klingt auf den ersten Blick recht simpel. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass man flexibel sein und ein großes Improvisationstalent mitbringen muss. Multitasking wird direkt vorausgesetzt. Fähigkeiten, von denen ich nicht dachte, dass sie in mir schlummerten. Toll finde ich, dass man die Arbeit größtenteils von zu Hause aus machen kann. Das heißt aber auch, dass es keine geregelten Arbeitszeiten gibt.

Als ich die neue Herausforderung im Mai 2017 antrat, hatte ich keine richtige Ahnung, was mich erwartete. Ich bereitete mich so gut es ging darauf vor, aber es blieb dennoch genug worüber ich mir Sorgen machte. Immerhin hatte ich dafür meinen geregelten Bürojob aufgegeben. Dabei wusste ich noch nicht einmal, ob die neue Aufgabe auf Dauer etwas für mich sein würde. Nun bin ich froh, dass ich den Schritt gewagt habe. Ich kann mir nichts vorstellen, was ich lieber machen würde. Klar gibt es auch Tage an denen ich die Nase gehörig voll habe. Aber die hatte ich bislang in jedem Job. Ich habe also definitiv die richtige Entscheidung getroffen.

Eine Lebensaufgabe

Inzwischen bin ich mit viel Herzblut dabei und das ist auch gut so. Denn wenn man sich einmal dem Projekt verpflichtet hat, ist es schwer wieder in einen Arbeitsalltag hinter dem Schreibtisch zurückzukehren. Ein sehr wichtiger Teil meiner Arbeit sind die Menschen mit denen ich täglich zu tun habe. So viele verschiedene Charaktere und manchmal sogar mehrere Persönlichkeiten in einer. Das birgt natürlich jede Menge Konfliktpotential und eine meiner Aufgaben ist es, die Kontrolle zu behalten. Troubleshooting sozusagen. Das musste ich erst lernen. Normalerweise erledige ich gerne eins nach dem anderen und mag ein strukturiertes Arbeitsumfeld. Stattdessen ist nun Chaos an der Tagesordnung, das ich zu beherrschen versuche.

Die heiß begehrte Auszeichnung

Es sieht also ganz danach aus als hätte ich selber viel Negatives über meine Arbeit zu sagen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die mir entgegen gebrachte Wertschätzung den ganzen Stress und die Überstunden um ein Vielfaches aufwiegen. Doch was hat es nun mit der viel gepriesenen Auszeichnung zur Mitarbeiterin des Monats auf sich? Ich denke die meisten haben es ohnehin schon erraten.

Anstelle einer gerahmten Plakette bekomme ich kreatives Krikelkrakel auf Papier. Ich erhalte selbst gebastelte Karten mit ‘Thank-you’-Stempeln und bunten Tieraufklebern darauf. Matschige kleine Händchen überreichen mir Gänseblümchen aus dem Garten. Mein Tag ist voll von spontanen Kuschelattacken und herzhaftem Lachen.  Am Abend bekomme ich ‘selbst gekochte’ Fantasie-Gerichte serviert. Wenn ich erschöpft auf der Couch liege, lehnt jemand wortlos seinen kleinen Kopf an meine Schulter. „Mami ich hab dich lieb“, höre ich es flüstern. Dann weiß ich, dass ich den besten Job der Welt habe und dass ich für meine zwei kleinen Mäuse immer die Mitarbeiterin des Monats sein werde. Auch ohne gerahmte Plakette und Sektumtrunk.

7 Comments

  1. Schauer

    Hallo nach Irland,
    wir gratulieren zur MA des Monats. Wir denken schon das zwei Racker beschäftigen und wünschen allen viel Spaß, bleibt schön gesund.
    Grüße aus Eilenburg
    Werner und Sabine

    • Sylvia

      Haha, herzlichen Dank! Alle gesund & munter! Lasst es euch gutgehen!

    • Sylvia

      Und ja, zu tun gibt es genug! Aber man wird ja nicht umsonst Mitarbeiterin des Monats ;-)!

    • Kubatta, Jürgen

      Liebe Sylvia,
      Kinder großziehen findet zu Abermillionen in fast allen Winkeln der Erde zu jeder Zeit statt und ist Alltag in den Familien.
      Und doch: Jeder familiäre Alltag ist individuell, besonders und einzigartig!
      Damit sind vor allem die Kinder gemeint und die Aufgaben der Mütter, die gemeinhin den Hauptteil tragen.
      Du, Sylvia, hast vor allem die Mutterrolle nicht als Last, sondern zuerst als Herausforderung, dann auch als Erfüllung beschrieben, wo du viel von dem, was du einbringst, in vielfältiger Form zurück bekommst.
      Und das alles hast du in einen lockeren, ansprechenden Text gegossen, den wir mit viel Vergnügen lesen konnten.
      Auch dafür erhältst du die “Auszeichnung zur Mitarbeiterin des Monats”!
      Liebe Grüße an die Familie!

      Die Kubis

      • Sylvia

        Liebe Kubis, herzlichen Dank für euren lieben Kommentar. Es freut mich sehr, dass der Text großen Anklang zu finden scheint. Daher wird es wohl bald mehr Artikel in diese Richtung geben :-).

  2. Maik

    Sehr schön geschrieben!

    • Sylvia

      Lieben Dank, das freut mich!

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