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Sexismus ist keine Einbahnstraße

In der Berichterstattung über die Kinderbetreuung von zu Hause während der Corona-Krise fiel mir eines besonders auf. Nämlich dass Sexismus keine Einbahnstraße ist, sondern nicht selten auch gegen Männer geht. Mir ist es ein Bedürfnis in diesem Artikel Partei für selbige zu ergreifen. Dabei kann ich natürlich nur von unserer Familie und nicht für die Allgemeinheit sprechen. Dennoch bin ich überzeugt, dass mein Mann John kein Ausnahmefall ist. Falls wir tatsächlich nach wie vor in einer Welt leben, in der die Mehrheit der Männer frauenfeindlich ist und sich weigert die Betreuung der eigenen Kinder zu übernehmen, kann ich mich um so glücklicher schätzen einen so tollen Ehemann und Vater für unsere Kinder zu haben.

„Feministen gehen auf die Barrikaden“

Ich habe nichts gegen “Männer-sind-vom-Mars-und-Frauen-von-der-Venus-Sprüche”. Frauen und Männer sind nun einmal von Natur aus unterschiedlich. Sie bringen verschiedene Fähigkeiten und Stärken mit. Über ihre Schwächen zu witzeln und ein paar Stereotypen zu bedienen, kann durchaus amüsant sein. Allerdings nur, wenn sich beide Seiten einig darüber sind, dass es sich eben um solche handelt und sich nicht persönlich angegriffen fühlen.

Eine Freundin schickte mir neulich ein Video, das zeigte was passieren würde, wenn Frauen in den Streik träten. Männer mit weinenden Babies liefen hilflos umher und flehten Frauen auf der Straße an, ihnen doch zu verraten, warum es so schrie. Geschäftsmänner reagierten panisch als sie einen Anruf erhielten, ihren Sprössling heute mal vom Kindergarten abzuholen. In der Küche versuchten sich überforderte “Hausmänner” verzweifelt am Multitasken. Zum Totlachen! Aber natürlich stark übertrieben und mit einer großen Portion Sarkasmus.

Solche Art von Humor scheint anders herum jedoch nicht zu funktionieren. Feministen würden auf die Barrikaden gehen, wenn derartige Videos über die vermeintlichen Schwächen einer Frau kursierten. Warum finden wir es lustig Männer zu verhohnepipeln, wenn es um die Kindererziehung geht. Aber gleichzeitig gilt es als Sexismus über die Fahrkünste oder handwerklichen Fähigkeiten von Frauen zu scherzen, gleichwohl es sich in beiden Fällen um ein Klischee handelt.

Männer gegen Frauen

Irgendwie habe ich den Eindruck, dass es immer noch heißt “Männer gegen Frauen.” Ganz stark zumindest in der Medienberichterstattung während der Corona-Krise. Als gäbe es einen Wettbewerb, aus dem unbedingt eine Gewinnerseite hervorgehen muss. Was wurde aus der erfolgreichen Symbiose zwischen Mann und Frau? Der Partnerschaft und Teamarbeit, bei der beide von den Fähigkeiten des anderen profitierten, anstelle immer nur gegenseitig Schwächen anzuprangern?

Ich möchte nicht behaupten, dass wir zu Hause nie Streitereien haben, die auf unsere Rollenverteilung zurückzuführen sind. Wer hat sich am Wochenende mehr um die Kinder gekümmert?  Welcher Job ist härter? Wer hat sich eher eine Pause verdient? Auch John und ich erwischen uns regelmäßig wie wir uns deswegen in die Haare kriegen. Sich 24/7 um zwei kleine Kinder zu kümmern, vom Home Office aus zu arbeiten und aufgrund der Corona-Restriktionen kaum das eigene Grundstück zu verlassen, ist definitiv eine Herausforderung. Eine, die täglich wächst solange die Pandemie anhält.

Sobald sich unsere Gemüter beruhigt haben, besinnen wir uns darauf, dass bei derartigen Auseinandersetzungen in einer Ehe niemand gewinnen kann (außer vielleicht einer halben Stunde Schlaf, wenn es einem das Wert ist). Wir haben als gleichberechtigte Partner Absprachen getroffen und an die versuchen wir uns zu halten. Falls das einmal nicht möglich ist, suchen wir nach Kompromissen. Alles in allem wissen wir, dass wir auf der selben Seite stehen und uns nicht in einer Pseudo-Schlacht Frauen gegen Männer befinden.

Männer gegen Frauen - Sexismus umgekehrtMänner gegen Frauen - Sexismus umgekehrtMänner gegen Frauen - Sexismus umgekehrtMänner gegen Frauen - Sexismus umgekehrt

Faule Hausfrau gegen karriereorientierten Ehemann

Neben unserer Ehe ist die wichtigste Vereinbarung die wir getroffen haben, die unserer Rollenverteilung innerhalb der Familie. Ich kümmere mich “hauptberuflich” um die Kinder und den Haushalt. John ist der alleinige Geldverdiener. Wir haben beide eine große Verantwortung. Aber von der Gesellschaft scheint keine so richtig als solche wahrgenommen zu werden.

Ein Beispiel der negativen Berichterstattung, die ich eingangs erwähnte, war dass Frauen die Verliererinnen der Corona-Krise seien. Sie müssen zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern, solange die Betreuungseinrichtungen geschlossen haben. Männer hingegen können, wie vor der Krise, weiter ihren Jobs nachgehen.

Hat schon einmal jemand daran gedacht wie es den Männern dabei geht, dass nun die gesamte finanzielle Last plötzlich auf ihren Schultern lastet? (Auch in unserem Fall, obwohl sich da mit der Corona-Krise nichts geändert hat.) Frauen bekommen in dieser Ausnahmesituation die Gelegenheit mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen. Ja, sie haben sich das nicht ausgesucht. Die Männer aber auch nicht.

Dazu kommt, dass das Image der Hausfrau und Mutter in unserer Gesellschaft immer noch nicht das Beste ist. Es ist von Abhängigkeit und fehlender Selbstverwirklichung die Rede. Von etwas aufgeben, nie aber von etwas dazugewinnen. Dabei weiß jeder – zumindest in der Theorie – dass das Erziehen von Kindern definitiv ein Vollzeit-Job ist. Und ein essenzieller noch dazu. Woran liegt es also, dass Frauen immer noch ungern zugeben, dass sie “zu Hause” sind oder sich im selben Atemzug dafür rechtfertigen?

Auf der anderen Seite ist das Gras immer grüner

Es sieht so aus, als bekäme keine der beiden Parteien was sie will. Na klar klingt es paradiesisch, mich für Stunden mit meinem Computer ins Home Office zurückzuziehen, während John auf die Kinder aufpasst. John auf der anderen Seite freut sich, wenn er nach einem langen Tag vor dem Bildschirm abends mit den Kindern herumtoben kann.

Beneiden wir uns also die ganze Zeit gegenseitig und sind deswegen so kratzbürstig im ewigwährenden Kampf Männer gegen Frauen? Weder ein Vollzeit-Bürojob noch die Kinderbetreuung zu Hause sind immer Friede – Freude – Eierkuchen. Aber John und ich haben unsere Gründe, warum wir uns für diese Rollenverteilung entschieden haben. Um so mehr genießen wir es dann mal kurz zu tauschen. Niemand möchte immer nur arbeiten und keinen entsprechenden Ausgleich haben.

Die Frage nach dem Sinn

Anstelle nach einem anstrengenden Tag darüber zu diskutieren, wie gut es der andere doch hat, versuchen wir uns gegenseitig Anerkennung zu zeigen. Denn auch die Annahme, dass man in einem sogenannten “Brotjob” mehr persönliche Anerkennung erfährt, ist meines Erachtens falsch. Wie oft bringen mir unsere Kinder Wertschätzung entgegen, während John diesbezüglich im Büro, trotz harter Arbeit, nicht selten vergeblich darauf wartet.

Dann wäre da noch die Frage nach dem Sinn. Auch da habe ich als Vollzeit-Mama zu Hause die Nase vorn. Ich habe eindeutig die wichtigere Aufgabe von uns beiden. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir ohne Johns Überstunden und sein gutes Gehalt nicht den Lebensstandard hätten, den wir jetzt haben.

Es braucht demnach uns als Team, um alles so möglich zu machen. Dabei geht es nicht um permanentes Glücklichsein und die Selbstverwirklichung des Einzelnen. Wir glauben, dass Verantwortung zu übernehmen und seinen Beitrag zu leisten genau das langfristig gewährleistet.

Eine gesunde Abhängigkeit

Zudem gibt es kein Punkte-System oder einen Mitarbeiter des Monats-Wettbewerb, von dem nur einer profitiert. Lässt es einer von uns schleifen, geht das zu Lasten des anderen. Wir haben kein Problem damit zu sagen, dass wir als Ehepartner voneinander abhängig sind. Unsere Ehe und unsere Familie würde nicht funktionieren, wenn wir zwei Individuen wären, die lediglich ihre eigenen Ziele verfolgten.

Trouble Shooting in der Krise

Die Corona-Krise verlangt uns ein hohes Maß an Anpassung ab. Auch wenn es uns das traditionelle Familienmodell mit mir als Vollzeit-Mama und John im Home Office einfacher gemacht hat uns an die Situation zu gewöhnen, hatten wir niemals damit gerechnet alles alleine stemmen zu müssen. Ganz ohne Unterstützung von Freunden, Familie und jeglichem sozialen Umfeld.

Dementsprechend gibt es Momente, in denen auch wir an unsere Grenzen stoßen. Tagein tagaus sind wir als Familie zusammen und können uns nicht einmal draußen frei bewegen. Neulich gingen wir zerstritten über eine Kleinigkeit zu Bett. Am nächsten Morgen waren wir uns einig die Klärung eines Konfliktes nicht wieder so lange aufzuschieben.

Meist sind es Müdigkeit, Überforderung und Hilflosigkeit, die uns überhaupt erst zum Streiten bringen. Gerade dann ist es wichtig, dass wir uns auf die Kraft unserer Partnerschaft besinnen. Sie ist unser Basislager, in dem wir beide wieder Energie tanken können.




Rabenmutter oder Supermami?

Familienregeln mit Kindern im Lockdown

Um Kleinkinder zu Hause bei Laune zu halten, muss man kein Entertainer, Hobbykünstler oder strenger Pädagoge sein. Lediglich von allem ein bisschen. In meinen vorangegangenen Artikeln hatte ich bereits darüber geschrieben, wie wir die Selbstisolation meistern und von unserem Leben als Home-Office-Familie berichtet. Hier soll es nun um die Königsdisziplin gehen: die Kinderbetreuung im eigenen Haus. Dabei hilft es natürlich, dass mein Mann John schon vor Corona Vollzeit im Home Office gearbeitet hat und ich seit 3 Jahren freiwillige Vollzeit-Mama bin. Ich habe unseren Alltag mit unserem 3-Jährigen und unserer 8 1/2-Monatigen in ein paar einfachen Familienregeln zusammengefasst, die sich bei uns auch ohne Lockdown und Selbstisolation bewährt haben.

Business as Usual

Ich bin entweder die beste Mama der Welt oder die größte Rabenmutter. Vielleicht sind unsere Kinder von Natur aus keine “Nervensägen”. Oder wir haben sie mit unseren Familienregeln diszipliniert. Mitunter liegt der ganze Stress noch vor uns, wenn sie erst einmal ins schulpflichtige Alter kommen. Wie auch immer. Im Moment jedenfalls ist mein Job als Vollzeit-Mama meistens recht entspannt. (Eine Aussage für die mir die derzeit unfreiwilligen, Übergangs-Haus-Mamis wahrscheinlich am liebsten an die Gurgel springen würden.)

Daran ändern auch die Covid19 Einschränkungen nichts. Die Kinder bekommen davon kaum etwas mit. Ich kann nicht sagen, dass ich sie als sonderlich traurig oder deprimiert empfinde, auch wenn sie derzeit ihre Freunde oder Großeltern nicht sehen können. Deswegen sehen wir uns auch nicht dazu veranlasst, die Ausgangsbeschränkungen mit besonderen Aktivitäten oder neuen Spielsachen zu kompensieren. Bei uns ist einfach ‘business as usual’ inklusive der altbewährten Familienregeln.

Oft bin ich das Problem

Wenn manche Tage eine größere Herausforderung darstellen als andere, liegt das häufig an mir. Klar sind die Kleinen manchmal anstrengender, ningeln öfter oder sind etwas anhänglicher als normal. Meistens sind sie jedoch sie selbst und verhalten sich ganz altersgerecht. Bin ich deswegen schneller gereizt, frustriert oder reagiere ungeduldig, bin ich diejenige, die einen schlechten Tag hat und meist nicht meine Kinder.

Die Familienregel vor den Familienregeln ist daher sich zunächst an die eigene Nase zu fassen. Übertrage ich möglicherweise meine schlechte Laune auf die Kiddis? Oder bin ich hibbelig und stifte damit Unruhe im ganzen Haus? Das hilft zwar nicht immer etwas an der Situation zu ändern, aber macht es mir persönlich leichter meinen Frust nicht an meinen Kindern auszulassen.

Was tun mit Kindern zu Hause?

In diesem Artikel möchte ich keineswegs auf den “Kreativ-Zug” aufspringen und Tipps geben, was man noch alles mit Kindern aus Lebensmittelresten und Sofakissen basteln kann. Es soll vielmehr darum gehen, wie wenig Kinder eigentlich zu ihrer Unterhaltung brauchen und wie ich mir damit das Vollzeit-Mami-Leben leicht mache. Hier also unsere 5 Familienregeln, die generell in unserem Haus gelten:

Familienregel # 1: Die Kinder sind nicht der Nabel der Welt.

Unsere Kinder sind mein Ein und Alles. Ich könnte mir nicht vorstellen in meinen Alltag ohne sie zu sein.

Das klingt erst einmal ganz danach, als wären sie der Nabel der Welt für mich und dass sich alles um sie dreht. Gewissermaßen tut es das auch irgendwie. Dennoch halten wir, also mein Mann und ich, es für wichtig unseren Kinder zu zeigen, dass das eben nicht immer so sein kann. Noch sind sie klein, aber trotzdem sollen sie schon lernen sich sozial zu verhalten und nicht immer ihren Willen zu bekommen. Immerhin sind wir es als Familie, die sie auf das Gesellschaftsleben vorbereiten. Es wäre nicht fair, wenn sie von Haus aus andere Regeln gewohnt wären, als die, die sie später in der Gesellschaft vorfinden, oder?

Deshalb denken wir, dass es ok ist, auch mal zu sagen “Warte kurz, Mama und Papa unterhalten sich gerade” oder “Das Essen ist gleich fertig und wir warten bis alle am Tisch sitzen”. Ein einfaches “Nein, das geht jetzt nicht” ist auch in Ordnung. Unser 3-Jähriger versteht das schon. Wenn man erst einmal das anfängliche Genörgel oder kleinere Wutausbrüche überstanden hat, zahlt es sich aus. Im Gegenzug bekommen sie viele Momente, in denen alle Aufmerksamkeit nur ihnen gilt.

Familienregel # 2: Halte dich an deine eigenen Regeln!

Wir denken, dass Kinder eine Routine und vor allem auch Regeln brauchen. Es hilft ihnen insbesondere dann, wenn sich um sie herum vieles verändert. Wie in Zeiten einer Pandemie zum Beispiel. Familienregeln sind schnell aufgestellt. Sie selber einzuhalten, bzw. sie konsequent durchzusetzen, ist die größere Herausforderung.

Niemand sieht seine Kinder gern weinen. Im Gegenteil, es macht mich regelrecht nervös sie frustriert zu erleben. Dennoch gebe ich nicht immer gleich nach und helfe sofort aus oder erlaube ihnen alles. Ginge es um etwas Gefährliches, bliebe ich auch standhaft und würde sie nicht auf die heiße Herdplatte fassen lassen. Warum also nicht mit Dingen, die zwar keine Gefahr darstellen, aber die sie trotzdem nicht machen (oder eben machen) sollen?

Es gibt viele positive Wege Familienregeln durchzusetzen, ganz ohne Druck oder laut zu werden (jedenfalls meistens). Wir versuchen zunächst immer alles kindgerecht zu erklären, warum etwas wichtig ist oder nicht getan werden sollte. Selten gibt es ein alleiniges “Nein”.

Der beste Weg Kinder dazu zu bringen sich an Familienregeln zu halten, ist immer noch sie selber zu befolgen. So wie Papa seine Gartenwerkzeuge nach dem Arbeiten wieder in den Schuppen stellt, räumen wir abends die Spielsachen auf, die sich tagsüber über das ganze Haus verteilt haben. Das klappt nicht immer ganz ohne Nörgeln, aber es klappt. Ob spielerisch, als Wettbewerb oder mit Überzeugungskraft, irgendwie landen die Spielzeuge am Ende in der Kiste. Es gibt Ausnahmen, aber die sind selten.

Familienregel # 3: Integriere die Kinder in deinen Tagesablauf und nicht andersherum!

Huhn oder Ei – ich weiß nicht was bei uns zuerst kam. Sind unsere Kinder von Natur aus so oder ist es unsere Erziehung? Sicherlich ein bisschen von beidem. Irgendwie ist es uns gelungen den Biorhythmus unseres Großen genau mit meinem überein zu bringen. Schon als Baby blieb er morgens ohne Protest länger im Bett und spielte für sich allein, sodass ich noch ein wenig snoozen konnte. Ich bin eine Nachteule und lasse es morgens gern langsam angehen. Das ist – zumindest bei unserem Erstgeborenen – nun auch so. Ein entscheidender Beitrag zu meinem entspannten Mami-Leben.

Wenn es darum geht Aufgaben im Haus zu erledigen, lasse ich die Kinder immer mit helfen. Auch wenn es zunächst mehr Arbeit als Erleichterung für mich bedeutet. Eine Ladung Wäsche musste ich anfangs mindestens dreimal auf den Ständer hängen, weil sie beim “Helfen” immer wieder auf dem Boden landete. Mit viel Geduld und ein wenig Anleitung habe ich unseren Großen in einen emsigen “Wäsche-Elf” verwandelt, der nun wirklich eine Hilfe ist. Er holt für mich den Wäschekorb, packt die Sachen in die Waschmaschine, schaltet sie ein und aus und nimmt sie wieder heraus. Selbstverständlich alles unter Aufsicht.

Im Gegensatz dazu wollte er sich im Garten anfangs, im wahrsten Sinne des Wortes, gar nicht die Hände schmutzig machen. Herummatschen und barfuß im Gras laufen waren gar nicht sein Ding. Es hat John einiges an Zeit und Geduld gekostet ihn zum fleißigen “Gartenzwerg” zu machen. Gemeinsames Herumrollen im Gras, Unkraut zupfen und Pflanzen bewässern gehören nun zur Lieblingsbeschäftigung der beiden.

Auf diese Weise erledigen wir etwas in Haus & Garten und beschäftigen gleichzeitig die Kinder. Manchmal bedarf es nur ein wenig Ermunterung unsererseits, einen kleinen Stups in den Hintern und gaaanz viel Geduld.

Familienregel # 4: Es geht auch ohne Spielzeug.

Diese Familienregel ist im Prinzip die logische Schlussfolgerung der vorherigen. Kinder wollen meistens das tun, was ihre Eltern machen und ihnen nacheifern. Aber brauchen sie dafür wirklich immer ein Spielzeug in Miniatur-Form? Ich finde nicht.

Unser 3-Jähriger liebt es “Küche” zu spielen. Anstelle ihm eine Spielzeugküche zu kaufen, darf er bei uns die richtigen Küchenutensilien nehmen (keine scharfen Messer natürlich!). Er geht einfach zum Schrank, holt sich ein paar Töpfe und Holzlöffel heraus und ‘kocht’ was das Zeug hält. Zu guter letzt zieht er sich seine Socken alias Ofenhandschuhe über die Hände und nimmt seine ‘heißen Gerichte’ unter dem Esszimmertisch hervor, der als Herd fungiert.

Im Garten haben wir ihm dann mal seine eigene Küche gebaut. Aus alten Kisten, Steinen und Stöcken. Dort ‘kochte’ er dann mit leeren Plastikbechern, Gras, Wasser und Blättern. Sobald es uninteressant wurde, haben wir die Überbleibsel einfach wieder in den Garten integriert. Das ist viel besser als ein weiteres Spielzeug, das früher oder später unbeachtet in der Ecke landet. Und das Aufbauen ist bereits Teil des Spielens.

Regel # 5: Lass die Kinder sich “langweilen”!

Manchmal brauchen Kinder gar nichts zum Spielen. Und trotzdem langweilen sie sich nicht. Zumindest nicht bei uns. Unser Großer erfindet regelmäßig seine eigenen Spiele und lebt in seiner überaus vielseitigen Fantasiewelt. Dazu braucht er absolut nichts und wir dürfen alle daran teilhaben.

Mal rennt er durch’s Haus und fängt wilde Tiere. Ein anderes Mal ist er ein Krankenwagenfahrer und imitiert die Sirene. Eine Minute später ein Cowboy, ruft yeehaaa und wirft seinen imaginären Hut in die Luft. Würde er dabei nicht ständig vor sich hinreden, wüsste ich gar nicht in welcher Welt wir uns gerade befänden.

Damit kann er sich gut eine Weile selber beschäftigen. Ich muss nicht einmal mitspielen. Allmählich bezieht er auch seine kleine Schwester mit ein. Er nimmt sie mit in sein Zimmer, ‘liest’ ihr vor und passt auf sie auf, wie er es vorher mit seinen Kuscheltieren gemacht hat. Wenn sie etwas anstellt oder ‘nervt’, ruft er mich.

Spätestens jetzt wird deutlich, warum mein Mami-Leben so entspannt ist, oder? Naja, ganz so easy ist es dann doch nicht. Meine Augen und Ohren sind allzeit überall. Das Haus sieht am Ende des Tages aus als hätte eine Bombe eingeschlagen und dabei bleibt wirklich kein Zimmer verschont. Aber das ist ok, denn wir haben ja Familienregel #2 und im Handumdrehen ist alles wieder picobello ;-).

Rabenmutter oder nicht?

Um noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückzukommen: Bin ich nun eine Rabenmutter, weil ich die Kinder tagsüber einfach machen lasse und mich nicht permanent mit ihnen beschäftige? Weil sie sich bei mir langweilen bzw. beschäftigen müssen ohne dass der Fernseher läuft? Oder bin ich eine gute Mama, weil ich mich so wenig wie möglich einmische und sie sich innerhalb der gesteckten Grenzen frei entfalten können und lernen selber kreativ zu sein? Was denkt ihr?

P.S.:

Nachdem mein Mann die englische Version dieses Artikels für mich Korrektur gelesen hatte, merkte er an, dass ich folgenden Nachtrag ergänzen sollte: Ich war und bin nicht immer eine so super entspannte Mama wie es im Artikel den Anschein macht. Um ehrlich zu sein mache ich mir immer noch zu viele Sorgen, auch wenn eigentlich alles glatt läuft. Das bleibt wohl beim Mama-Sein nicht aus. Daher sind obige Familienregeln wohl eher © John Payne, aber sie heißen ja nicht umsonst Familienregeln ;-).




Willkommen im Home Office

…der Familie Payne

Wir haben das Glück, dass unsere Familie, auch ohne Selbstisolation, den ganzen Tag zusammen zu Hause ist. Für manchen ist vielleicht gerade das das Problem der Selbstisolation, für uns ist es Alltag. Sicherlich ein Grund dafür, dass wir mit den Einschränkungen während der Corona-Krise so gut umgehen können. Weil wir es gewohnt sind. Ich möchte nicht behaupten, dass es immer einfach ist. Aber es ist ein Lebensmodell, dass für uns am besten funktioniert. Hier ein kleiner Einblick in die Welt unserer Home-Office-Familie.

Home Office Profi

Mein Mann arbeitet für eine internationale Firma mit Teams und Kunden auf der ganzen Welt. Ein Großteil davon sitzt in Amerika, weshalb seine Arbeitszeiten nicht mit hiesigen Bürozeiten zu vereinbaren sind. Manchmal fängt er erst Mittag an zu arbeiten, aber dann bis spät in die Nacht hinein. Oder umgekehrt. Er muss zeitlich also flexibel sein, weshalb nur das Home Office in Frage kommt. Für ihn und uns ist das Vollzeit-Home-Office demnach seit 3 Jahren Alltag.

Es lebe die Routine

Genauso lange wie mein Mann John nun im Home Office arbeitet, bin ich als Vollzeit-Mama zu Hause. Keines unserer beiden Kinder wird fremd betreut. Alle zusammen sind wir ein eingespieltes Team. Die Corona-Krise bringt zwar so einiges durcheinander, aber hat keinen allzu großen Einfluss auf unsere häusliche Routine.

Ein schöner Start in den Tag

Wenn die Kinder morgens wach werden, gibt es bei uns erst einmal Familienzeit zu viert. John und ich schlürfen in aller Ruhe unseren Kaffee. Unser fast 3-Jähriger mumpelt (s. Kommentare) sein Müsli und die kleine Maus übt sich derzeit im Krabbeln auf dem Boden vor dem Bett, wo wir im Anschluss alle gemütlich kuscheln. Anstelle eines gesitteten Frühstücks am Tisch schlunzen wir also ganz lässig in den Tag hinein. Hastig fertigmachen und loshetzen fällt ja auch weg. Kein schlechter Start in den Tag oder?

Home Office ist die Zukunft

Möglich ist das unter anderem, weil sich John mit dem Home Office in Wicklow täglich etwa 3 Stunden Fahrtzeit spart. Nicht jeder kann seinen Job von zu Hause aus erledigen, aber ich denke, dass es nach der Corona-Krise dauerhaft mehr Home Officler geben wird.

Zwar kann es hart sein völlig auf das soziale Arbeitsumfeld zu verzichten, aber für uns als Familie hat es viele Vorteile. Anstelle Tag ein, Tag aus im Berufsverkehr festzustecken, verbringt John viel Zeit mit den Kindern. Dadurch haben sie von Anfang an eine starke Bindung zu ihm aufgebaut. Und obwohl ich tagsüber die Hauptbezugsperson bin, haben wir bei beiden Kindern den gleichen Stellenwert.

Familienregeln für’s Home Office

Dieser Artikel soll keine Pro- & Kontraliste zum Thema Home Office werden. Vielmehr möchte ich unsere Erfahrung mit dem Arbeiten von zu Hause teilen, die ich in ein paar einfachen Home-Office-Familienregeln zusammengefasst habe:

  1. Zutritt verboten!

Das Home Office ist generell Tabuzone für die Kinder und erst recht wenn John darin arbeitet. Sobald er im Home Office verschwindet, verwandelt sich der spaßige, sanftmütige Familienpapa in einen taffen Manager. Nicht für uns, aber für alle anderen, die dann mit ihm zu tun haben (autsch!).

Einem Kleinkind ist das natürlich nicht so einfach zu erklären. Und an manchen Tagen ist diese Regel besser umsetzbar als an anderen. John weiß, dass es mir nicht immer 100%ig gelingt das Haus mit 2 spielenden Kindern geräuschfrei zu halten. Mir ist wiederum bewusst, dass ich insbesondere bei wichtigen Telefonkonferenzen alle Register ziehen muss, um die Kiddis still zu beschäftigen. Seit wegen der Corona-Krise viele von daheim arbeiten, stößt John auf mehr Verständnis, wenn doch mal Hintergrundgeräusche zu hören sind.

  1. Achtung Kuschelzone!

Genauso wie die Bürotür als „Schleuse“ in Regel #1 funktioniert, wenn John das Home Office betritt, gilt sie natürlich auch anders herum für die Kinder, wenn er herauskommt. Sobald John die Nase zur Tür raussteckt, muss er mit Kuschelattacken rechnen. In unserem alten Haus macht jede Tür ein anderes Geräusch. Jeder weiß genau wie es klingt, wenn sich die Bürotür öffnet. Mit anderen Worten, ein heimliches Rein- und Raushuschen ist da nicht. Dennoch wagt sich John tagsüber regelmäßig in die Kuschelzone, was uns zu Regel #3 bringt.

      3. Arbeitsalltag vor Familienroutine

Das mag erstmal negativ klingen, aber eigentlich heißt es nur, dass die Kinder und ich alles stehen und liegen lassen, wenn John mal eine kurze unvorhergesehene Pause hat oder Meetings spontan abgesagt werden. Die Kinder sind überglücklich, wenn John mit ihnen eine „Extra-Toberunde“ einlegt, auch wenn es nur 5 Minuten sind. Gerade jetzt, wenn das Wetter schön ist, nutzen wir das kleine Intermezzo um alle gemeinsam frische Luft zu schnappen, bevor alle ihre vorherigen Tätigkeiten wieder aufnehmen.

  1. Die Arbeit bleibt im Home Office

Das ist, wie ich finde, die große Gefahr beim Home Office. Dass der Arbeitsplatz gleich um die Ecke ist und man mal eben „was gucken“ kann. Es ist ja nicht so, dass auf dem Telefon auch Emails eintrudeln, die man theoretisch schnell beim Abendessen checken könnte. Daher ist mir diese Regel persönlich am wichtigsten. Ich verzichte lieber auf eine gemeinsame Mahlzeit, wenn dafür nach getaner Arbeit das Telefon für den Rest des Abends liegenbleibt.

  1. Pause muss sein

John hat keine geregelten Pausenzeiten oder, wie beim Pendeln zum Beispiel, Zeit zum Abschalten. Wenn die Kinder nach einem langen Tag direkt auf ihn zustürmen (gemäß Regel #2), geht er praktisch nahtlos in einen Zweitjob über. Darum gibt es für ihn im Normalfall eine Pause zum Durchatmen, wenn nicht gerade ‘die Hütte brennt’.

Wenn jedoch die Hütte brennt, auch im Laufe des Tages, nehme ich mir das Recht John um Hilfe zu bitten, insofern es seine Arbeit erlaubt. Dann muss das Baby schon mal während einer Telefonkonferenz geschuckelt werden. Oder der große Zwerg darf Papas „Mickey-Mouse-Kopfhörer“ aufsetzen und dem Vorstand ‘hallo’ sagen. (Anm. der Redaktion: Das auf dem Bildschirm im Foto ist nicht der Vorstand!)

  1. Last but not least, Ausnahmen bestätigen die Regel.

Während sich die obigen Regeln für uns bewährt haben, gibt es natürlich Ausnahmen oder eben Tage, an denen nicht alles nach Plan läuft.

Dann wird in der Tabuzone Home Office der Bürostuhl schon mal zum Kinderkarussell umfunktioniert. Oder die Home-Office-Tür wird polternd aufgeschlagen, wenn Papa ein Gesicht auf das frische Pflaster malen soll*. Aus dem „leise im Flur spielen“ wird ein lautstarkes Fußballmatch. Statt einer Pause für Papa am Ende des Tages gibt es Peppa Pig im Fernsehen und gemeinsames Kuscheln auf der Couch. (*Laut unserem Großen besteht Papas Arbeit aus einem Computer, einem Telefon und ganz vielen Stiften.)

‘Liebe in Zeiten der Corona’

Ich kann definitiv sagen, dass uns die 3 Jahre Home-Office-Erfahrung helfen mit der derzeitigen Situation umzugehen. Zwar hat der Lockdown auch für uns seine negativen Auswirkungen, vor allem auf unsere mentale Gesundheit. Eine zusätzliche Belastung für unser Familienleben stellt er jedoch nicht dar. Im Gegenteil, eher schweißt er uns noch mehr zusammen. Ich hoffe, dass es den Home-Office-Neulingen ähnlich geht und für sie ebenfalls die Vorteile des Arbeitens von zu Hause überwiegen.

Auch die traditionelle Rollenverteilung – sprich ich Vollzeitmama, John Gelderverdiener – kommt uns momentan zu Gute. Bei nicht jeder Familie ist das so unkompliziert möglich bzw. möchten nicht alle Mamas zu Hause bleiben, aber für uns ist es, nicht nur jetzt, das perfekte Lebensmodell.

Anstelle mich auf Homeschooling und Home Office konzentrieren zu müssen (was ich mir unheimlich schwer vorstelle) und Enttäuschung bei den Kindern, die nicht in die Kita können, bleibt bei uns alles beim Alten. Haussegen schief – Fehlanzeige!

Dazu aber mehr in meinem nächsten Artikel. Da verrate ich wie ich die Kinder den lieben langen Tag ohne großen Aufwand und allzu viel Fernsehen beschäftige. Bis dahin bleibt gesund und lasst euch die Home-Office-Decke nicht auf den Kopf fallen!




Warum wir Meister der Selbstisolation sind

Es war einmal ein Ehepaar das, entgegen aller Prognosen von höheren Scheidungsraten und häuslicher Gewalt, in der Selbstisolation regelrecht aufblühte. Zwei Menschen, die nicht gerade einen unsozialen Eindruck machten und die man keinesfalls als Einzelgänger bezeichnen würde. Ganz im Gegenteil. Sie verfügten über einen beachtlichen Freundeskreis und vor Corona verbrachten sie gern Zeit in der irischen Natur.

Wie Feuer und Wasser

Was mag das für ein Paar sein, das sich selbst genug ist und dem die Selbstisolation wenig ausmacht? Zwei Personen, die auf dem Papier unterschiedlicher nicht sein könnten. Keine Online-Dating Plattform der Welt hätte ihnen Übereinstimmungen bescheinigt. (Ehemalige) Auswanderer, deren Wahrscheinlichkeit sich über den Weg zu laufen verschwindend gering war, da sie den größten Teil ihres Lebens tausende Kilometer entfernt auf verschiedenen Kontinenten verbracht hatten. Ein strenggläubiger irischer Katholik, der nach über 20 Jahren in Amerika wieder in seine Heimat zurückgekehrt war. Und eine konfessionslose Deutsche, die in ihrem Heimatland alles zurückgelassen hatte um einen lang gehegten Traum zu verwirklichen.

Gesucht und Gefunden

Es ist ein Paar, das im Sommer seinen 6. Jahrestag feiert. Verbunden durch einen ganz eigenen schwarzen Humor, wie ihn nur wenige verstehen. Zwei gegensätzliche Charaktere, die nach der gleichen Moralvorstellung und den selben konservativen Werten leben. Eltern zweier wunderbarer Kinder, die es manchmal kaum fassen können, was sie gemeinsam Großartiges hervorgebracht haben. Eine Vollzeit-Mama und ein Home-Office-Familienernährer. Sie sind eine Familie, deren Routine sich durch den Corona Virus nicht großartig geändert hat. Sie leben so weiter wie vor der Krise weil sie in ihren eigenen vier Wänden fast alles haben, was sie zum Leben brauchen.

Wie wir uns vorbereiteten ohne zu wissen was kommt

Mit der Corona-Krise und der daraus resultierenden Selbstisolation fragen sich plötzlich viele wie das gehen soll, alles von zu Hause aus zu bestreiten. Arbeiten, Kinder beschäftigen und die Einkäufe auf ein Minimum zu reduzieren. Während diverse Ratgeber-Seiten voller kreativer Ideen für die Selbstisolation wie Pilze aus dem Boden schießen, ist vieles davon nicht neu für uns. So sieht unser Alltag aus, schon lange bevor er von Corona bestimmt wurde.

Die Krise um den Virus selbst versetzt natürlich auch uns in Sorge und Bangen um die Zukunft. Der vorläufige Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben trifft uns allerdings nicht allzu hart. Wir fühlen uns, wenn auch ungeplant, darauf vorbereitet. Bis auf geringfügige Einschränkungen können wir so weiterleben wie vor der Selbstisolation. Abgesehen davon, Freunde und Familie nicht sehen zu können.

Tipps und Tricks für die Selbstisolation

In meiner Mini-Blog-Serie möchte ich gern unsere Erfahrung teilen, die wir mit dem Arbeiten von zu Hause in den letzten 3 Jahren gesammelt haben. Ich verrate euch wie wir unsere Kinder während der Selbstisolation (fast) ganz ohne Fernsehen und großen Aufwand beschäftigen. Und zu guter letzt gebe ich euch einen Einblick in meine „experimentelle“ Küche, bei der Improvisieren seit jeher eine große Rolle spielt. Auch das kommt uns in der Selbstisolation gerade zu Gute. Los geht’s in meinem nächsten Blog Artikel mit dem Erfolgreichen Arbeiten im Home Office mittels weniger einfacher Regeln.

P.S.

Bitte geht nicht davon aus, dass wir während der Selbstisolation nicht auch manchmal am Rad drehen. Denn das tun wir. Neulich haben wir Zahlenhopse (Himmel und Hölle) auf unserem neuverlegten Gartenweg gespielt (ohne Kinder!). Und manchmal kullern wir uns den Grashang in unserem Garten herunter. Das haben wir auch schon vor der Selbstisolation gemacht. Nun haben wir wenigstens eine Ausrede.

P.P.S.

Es gibt auch Tage da nützen alle guten Tipps und Ratschläge nichts. Da schlägt uns die Selbstisolation knallhart auf’s Gemüt. Dann hangeln wir uns so durch den Tag. Da gibt es keine Routine und keine Regeln. Das ist dann einfach so.




Warum wir nicht aussterben: Meine Geburts-Story

Es gibt Dinge im Leben, die kann man einfach nicht in Worte fassen. Ein Kind zur Welt zu bringen ist eines davon. Ich habe gelesen, dass die Schmerzen die zweitschlimmsten nach dem Verbrennen sein sollen. Zum anderen beschreiben mir Freunde die Geburt ihres Kindes als einen der bewegendsten Momente ihres Lebens. Wenn ich im Fernsehen sehe, wie eine Frau ein Kind gebärt, frage ich mich, wie die Menschheit solange überlebt hat. Eine mögliche Antwort wäre, dass man beim ersten Kind nicht weiß, was auf einen zukommt. Warum um Himmels Willen gibt es dann so viele Mütter, einschließlich mir, die mehr als nur ein Kind haben? Hier ist meine Geburts-Story.

Das Wunder nimmt seinen Lauf

Meine erste Schwangerschaft war wunderbar. Ich hatte das Glück direkt schwanger zu werden nachdem wir beschlossen hatten es zu probieren. Das Timing war perfekt. Wir hatten gerade geheiratet und waren kurz davor von unserer Hochzeitsreise zurückgekehrt. Abgesehen von leichtem Unwohlsein am Anfang, blieb ich in den ganzen neun Monaten von unangenehmen Begleiterscheinungen verschont. Die medizinische Versorgung im Dubliner Coombe Hospital während der Schwangerschaft war erstklassig. Im Gegensatz zu Deutschland geht man in Irland bereits zu den Voruntersuchungen in die Geburtsklinik. Ob es ein Junge oder Mädchen wird, wollten wir nicht wissen. Wir freuten uns auf eine Überraschung.

Das Unumgängliche

Alles in allem fühlte ich mich großartig. Zumindest körperlich. Mental war es eine ganz schöne Herausforderung sich auf die große Veränderung, die da auf uns zukam, einzustellen. Während ich mich darauf freute Mama zu werden und die Schwangerschaft definitiv genoss, beschlich mich eine gewisse Angst. Genaugenommen waren es verschiedene Ängste und Sorgen. Aber die eine große, die mich nachts gelegentlich wach liegen ließ, war die vor der Geburt. Immerhin würde ich mich dieser zuerst stellen müssen. Vieles kann man aus Angst einfach umgehen oder vermeiden. Das eigene Kind zur Welt zu bringen gehört nicht dazu.

So nah und doch so fern

Egal wie viel ich mich über dieses Thema informierte oder wen ich nach Erfahrungsberichten fragte, niemand konnte mir sagen wie die Geburt für mich sein würde. Es war wie eine Angst mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite fieberte ich dem Tag entgegen, an dem es endlich so weit sein würde. Auf der anderen Seite wollte ich ihn so lange wie nur möglich hinauszögern. Manchmal überkam mich regelrecht Panik. Ich trug dieses kleine Wunder in mir und spürte es jeden Tag. Und doch schien der Moment, in dem ich es endlich in die Arme schließen konnte, wie unerreichbar für mich. Die Angst, die ich vor den Schmerzen hatte, baute sich wie eine unüberwindbare Mauer vor mir auf. Früher oder später würde ich sie überwinden müssen. Aber daran mochte ich nicht denken.

Kein Weg zurück

Als die Wehen eines Nachmittags ganz sachte anfingen, wusste ich, dass es kein Zurück mehr gab. Nicht dass ich das gewollt hätte oder es überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt der Schwangerschaft ein Zurück gegeben hätte. In der Theorie war ich vorbereitet. Ich wusste was wann zu tun war, wie ich zu atmen hatte und was medizinisch auf mich zukam. Einen strikten Geburtsplan hatte ich nicht, sondern wollte flexibel an die Sache herangehen. Mein Mann John kannte mich allerdings besser und wusste, dass alles genauso kommen würde, wie ich es mir „vorgenommen“ hatte.

Jetzt oder Nie

Ein Termin an dem die Geburt eingeleitet werden sollte stand bereits fest. Das wollte ich um jeden Preis vermeiden. Ich setzte alles daran die Dinge vorher ins Rollen zu bringen. Als die Wehen tatsächlich am Tag zuvor einsetzten, war ich bereits 10 Tage über den errechneten Geburtstermin hinaus. Es gab also keinen Aufschub mehr, wenn ich nach wie vor eine natürliche Geburt wollte. Doch statt einer erneuten Panikattacke war ich plötzlich ganz ruhig. Es war als ob ich endlich mit etwas abschließen konnte, das so lange an mir gezehrt hatte. Nach fast 10 Monaten war es Zeit sich dem großen unsichtbaren Feind zu stellen. (Damit meine ich nicht unser Baby!)

Das ‘Monster’ zeigt sein Gesicht

Ich war froh, dass ich nun endlich einen Eindruck von den Schmerzen bekam, mit denen ich es die kommenden Stunden (Tage?) zu tun haben würde. Es war nicht mehr das große Unbekannte, das da vor mir lag, sondern langsam nahm es Formen an. Ich erinnere mich, dass ich recht zuversichtlich gewesen war als wir ins Krankenhaus fuhren, dass ich diese Art von Schmerzen ganz gut über einen längeren Zeitraum aushalten könnte. Im Krankenhaus erfuhr ich jedoch, dass das ‘Monster’ bislang noch nicht sein wahres Gesicht gezeigt hatte. (Nein, ich spreche immer noch nicht von unserem Baby!)

Vorstellung vs. Realität

Ich muss zugeben, dass mich die richtigen Schmerzen dann ziemlich umgehauen haben. Ich konnte mich auf nichts konzentrieren was ich in all den Vorbereitungskursen gelernt hatte. Zumindest nicht bewusst. Ich war erstaunt wie viel ich dann doch unbewusst abzurufen schien. Denn ohne Komplikationen und nach nur 5 Stunden hielten wir unseren perfekten kleinen Jungen in den Armen.

Ein „Teufelskreis“

Und hier kommt für mich der (erste) große Widerspruch des Mutterseins. Ausgelaugt von der Geburt und mit den Schmerzen nach wie vor im Gedächtnis (nein, die vergisst man nicht wie oft behauptet wird), wusste ich, dass ich es wieder tun würde. Ich konnte es mir rational selber nicht erklären. Ich kann nicht leugnen, dass die Geburt ohne Zweifel eine Qual gewesen war. Und doch strahlte ich danach wie selten zuvor in meinem Leben. Um nichts in der Welt hätte ich es anders oder gar ganz ohne Strapazen haben wollen. Unerklärlich paradox eben.

Und ich tat es noch einmal. Etwa 18 Monate nach der Geburt unseres Sohnes war ich zum zweiten Mal schwanger. Wieder war es ganz fix gegangen und absolut gewollt. Und wieder war sie da, die Angst vor der Geburt. Ich denke, dass sie beim zweiten Mal sogar noch größer war. Immerhin wusste ich bereits, was mich erwarten würde.

Geburtsprofi im Einsatz

Beim zweiten Mal trat ich quasi als Geburtsprofi in den Ring. Ich hatte meine Atemtechnik perfektioniert und war auch mental bestens vorbereitet. Im Gegensatz zum ersten Mal war ich noch bei klarem Verstand als es in den Kreißsaal ging. Das erwartete Schmerzdelirium war noch nicht eingetreten. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf das Atmen und ließ mich dieses Mal nicht vollends vom Schmerz bestimmen. Mein Mann und ich waren sogar noch zu Scherzen aufgelegt als ich schon an der Lachgasmaschine hing. Wie treffend.

Zu früh gefreut

Es ist ein Irrglaube, dass die Geburt beim zweiten Mal einfacher ist. Schneller vielleicht, aber definitiv nicht weniger schmerzvoll. Zumindest nicht bei mir. Mit anderen Worten die Schmerzen waren genauso furchtbar wie ich sie vom ersten Mal in Erinnerung hatte. Ich war damals überzeugt gewesen, dass ich ohnmächtig werden würde, sobald die Schmerzen ins Unermessliche stiegen. Ich lag falsch. Es war erstaunlich wie viel (m)ein Körper aushielt und was für Kräfte in mir schlummerten. Mein Mann war davon wahrscheinlich genauso überrascht als er mir anbot seine Hand zu drücken, so fest ich wollte. Danach gestand er mir, dass er dachte sie sei gebrochen.

Momente des Zweifelns

Er konnte es sich nicht verkneifen mich auf dem Höhepunkt der Schmerzen zu fragen, ob ich mir vorstellen konnte, ein weiteres Kind zu bekommen. Er wusste, dass ich in meiner derzeitigen Situation seinem Sarkasmus wehrlos ausgeliefert war. Auch die Hebamme war hochkonzentriert und schenkte unserer nicht ganz ernst gemeinten, sehr einseitigen Konversation wenig Beachtung. An dieser Stelle war ich einem Zusammenbruch vor Erschöpfung nahe. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, dieses Kind zu bekommen. Meine Antwort auf Johns Frage lautete demnach nein. Was hatte ich mir bloß dabei gedacht mir so etwas anzutun?

Von der Natur überlistet

Kurz nach diesem Moment, den ich als mein absolutes Geburtstief bezeichnen würde, erblickte unser zweites kleines Wunder das Licht der Welt. Ich konnte kaum glauben wie schnell es entgegen aller Prognosen dann doch gegangen war. Es mag wie eine abgedroschene Phrase klingen, aber von der Sekunde an als ich unsere Tochter sah, wusste ich, dass es die Anstrengung und Schmerzen wert gewesen war. Natürlich war ich von den körperlichen Strapazen der Geburt gezeichnet, aber ein Cocktail aus Glückshormonen schien das um ein Vielfaches auszugleichen.

Ich finde es schwer dieses Gefühl zu beschreiben ohne dabei die gängigen Klischees zu bedienen. Und sicherlich gibt es auch Mütter, denen es nicht so ging. Aber für mich war es ein unbeschreiblich schönes Gefühl unsere Kleine in den Armen zu halten. Sofort hatte ich diesen unglaublich starken Impuls sie beschützen und nicht mehr hergeben zu wollen. Und die sarkastisch gemeinte Frage meines Mannes, die ich vor weniger als einer Stunde noch mit nein beantwortet hatte, hätte ich nun bejaht. Ja, ich könnte mir vorstellen noch ein Kind zur Welt zu bringen. Ich befürchte das ist die Antwort darauf, wie die Natur den Fortbestand der Menschheit sichert.

Der Widerspruch des Mutterseins

Das war vor über 4 Monaten. Vor Kurzem hat sich unsere Mausi das erste Mal alleine gedreht. Obwohl ich mich daran erfreue unsere Kleinen wachsen zu sehen, tut es mir andererseits leid, wie schnell die Zeit verfliegt. Mit jeder Entwicklungsstufe werden sie selbständiger. Gerade jetzt, wenn sie noch so klein sind, machen sie täglich große Schritte in Richtung Unabhängigkeit, die ich mir selbstverständlich eines Tages für sie wünsche. Das, für mich, ist der größte Widerspruch des Mama-Seins. Als Mutter möchte ich einerseits, dass meine Kinder wachsen und sich entwickeln. Auf der anderen Seite wünschte ich mir sie würden für immer so klein und in meiner Nähe bleiben.




Troubleshooting beim Familienausflug nach Belfast

Wir fahren nach Belfast hinein und kommen an der sogenannten Friedensmauer vorbei. Ein 8-Meter hohes Konstrukt aus Beton mit einem aufgesetzten Eisengitter. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich es für die Absperrung eines Betriebsgeländes halten. Vor dem geschichtlichen Hintergrund Belfasts jedoch, lässt mir ihr Anblick immer noch einen kalten Schauer über den Rücken laufen.

Obwohl 1998 mit dem Good Friday Agreement ein Waffenstillstand besiegelt wurde, werden die Durchgänge der Mauer abends nach wie vor geschlossen, um die ‘unionist’ und die ‘nationalist’ Viertel voneinander fernzuhalten. Auf der einen Seite befindet sich die Shankill Road, welche überwiegend von protestantischen Anhängern (unionists) bewohnt ist. Die Falls Road auf der anderen Seite ist katholisch geprägt (nationalists).

Belfast – Zwei Welten

Als wir gegen Mittag durch die geschäftige Innenstadt von Belfast fahren, ist von dem Konflikt, der in den 1970er und 80er Jahren seinen Höhepunkt hatte, nichts mehr zu merken. Überall hängt bunte Weihnachtsbeleuchtung. Mit „Happy Christmas Belfast“ grüßt die nordirische Hauptstadt ihre Gäste. Die Atmosphäre ist festlich. Kreuz und quer huschen die Menschen durch die Fußgängerzone, wahrscheinlich auf der Suche nach den letzten Weihnachtsgeschenken. Ich bin erstaunt wie sich manche herausgeputzt haben. Ich frage mich, ob sie auf dem Weg zu einer Weihnachtsfeier sind oder noch von der Nacht davor “übrig geblieben”. Eine junge Band beschallt die Einkaufsmeile mit weniger weihnachtlichen Rock Songs. Doch die Last-Minute-Shopper sind guter Dinge und belohnen die durchgefrorenen Straßenmusikerinnen großzügig mit Kleingeld.

So nah und doch so fern

Wir kreisen das dritte Mal um die City Hall auf der Suche nach einem Parkplatz. Für mich ist das Rathaus das beeindruckendste Gebäude der Stadt. Wahrscheinlich ist es auch das beliebteste Fotomotiv der Weihnachtssaison. Wenn es am Abend im Lichterglanz erstrahlt, wirkt die neo-barocke Fassade fast wie ein Palast. Darauf hatte ich mich besonders gefreut: den Weihnachtsmarkt auf dem Rathausvorplatz inmitten festlicher Kulisse. Im Vorbeifahren habe ich bereits einen kurzen Blick auf die farbenfrohen Buden erhascht.

In der obersten Etage eines brechend vollen Parkhauses ergattern wir endlich einen der letzten Parkplätze. Nun beginnt das übliche Prozedere. Das Aussteigen aus dem Auto mit Baby und Kleinkind nimmt etwa genauso viel Zeit in Anspruch wie die Parkplatzsuche selbst. Während „Team Boys“ dank Papa schon abfahrbereit im/am Kinderwagen ist, kämpfe ich noch mit einer übervollen Windel an der Babyfront. Ein kompletter Outfitwechsel steht an. Mausi ist nicht happy, kullert und pullert über den Beifahrersitz. Zum Glück habe ich dieses Mal daran gedacht Wechselsachen für die Kleine einzupacken und nicht wieder die Hälfte des Wickeltascheninhaltes vergessen.

Die Enttäuschung des Tages

Als „Team Girls“ auch endlich gestiefelt und gespornt ist, kommen die Jungs bereits von einer ersten Erkundungstour auf der Suche nach einer Toilette zurück. Dabei haben sie eine enttäuschende Entdeckung gemacht. Das Ziel unseres Tagesausfluges, der Belfaster Weihnachtsmarkt, endete bereits am Tag zuvor. Es ist der 23. Dezember und die Buden werden gerade abgebaut. Gemeinsam mit anderen verwunderten Besuchern stehen wir wenig später vor verschlossenen Toren. Bei unserer Planung hatten wir nicht im Entferntesten daran gedacht, dass der Weihnachtsmarkt bereits einen Tag vor Heiligabend schließen würde.

Plan B: Kinderfreundliches Sightseeing

Das Wetter ist schön und so bummeln wir erst einmal zur Waterfront. Wasser kommt bei unseren Kindern immer gut an. Unterwegs kommen wir an der Albert Clock und dem Big Fish vorbei. Meine Reiseleiter-Qualitäten lassen zu wünschen übrig, aber immerhin weiß ich von meiner Arbeit bei diversen irischen Reiseveranstaltern, was es in Belfast zu sehen gibt. Ich denke, dass diese beiden Monumente etwas für unseren 2,5-jährigen Entdecker sind. Doch weder dem schiefen Uhrturm noch dem überdimensionalen Steinfisch schenkt er viel Aufmerksamkeit. Wenn es nach ihm ginge, würde er den ganzen Tag Steine ins Hafenbecken werfen. Als plötzlich ein Typ in einem Weihnachtsmannkostüm kiffend auf einem Skateboard vorbeibraust und ho ho ho ruft, staunt er dann aber doch nicht schlecht.

Wir beschließen den St. George’s Market anzusteuern. Immerhin gibt es dort etwas zu essen. Nach Wasser der zweite Erfolgsgarant bei unserer kleinen Raupe Nimmersatt. Jedoch scheinen wir heute kein großes Glück mit Märkten in Belfast zu haben. Denn auch der Viktorianische Indoor Markt hat nicht geöffnet.

Ausweichlösung Essen gehen

Zurück in der Fußgängerzone halten wir nach einem familienfreundlichen Restaurant Ausschau. In unserem Fall heißt das Hauptsache viel Platz für Kinderwagen & Co. Unsere Wahl fällt auf das Bullitt Hotel nahe der Victoria Street. Obwohl wir eine gefühlte Ewigkeit auf das Essen warten müssen (doch nicht so familienfreundlich…), macht unser Großer super mit. Ganz zivilisiert beschäftigt er sich mit den mitgebrachten Spielsachen. Ich bin jedes Mal stolz, wenn wir ihn nicht, wie andere Gleichaltrige, mit Videos auf dem Telefon ruhigstellen müssen.

Ein Problem nach dem anderen

Als ich kurz vorm Gehen unsere Mausi auf meinem Schoß anziehe, wird es plötzlich warm auf meinem Knie. Sofort dämmert es bei mir. Wie eine Lawine rattern mir diverse Gedanken durch den Kopf. Die Windel ist undicht. Sie muss so schnell wie möglich raus aus den nassen Klamotten. Sie trägt bereits ihr Wechseloutfit. Wir können sie bei der Kälte nicht nur in eine Decke einwickeln. Die eventuell inzwischen getrocknete, erste Garnitur liegt auf dem Armaturenbrett im Auto. Während mir also tausend Probleme und keine Lösung in den Sinn kommen, springt mein Mann John bereits auf um etwas zum Umziehen für sie zu kaufen. Daran hatte ich natürlich auch schon gedacht, es aber direkt wieder verworfen. Das geht gegen meinen Grundsatz ihr nie ungewaschene Sachen anzuziehen. Angesichts mangelnder Alternativen jedoch die einzig sinnvolle Lösung.

Super Daddy im Einsatz

Etwa 20 Minuten mit einem nassen Baby auf dem Arm und dem zum Glück immer noch geduldigen großen Bruder, warten wir auf Papas Rückkehr. Gut dass er losgegangen war um die Sachen zu kaufen. Ich hätte mir nicht helfen können und trotz Zeitdruck in mindestens zwei Läden Preisvergleiche angestellt und versucht das perfekte Outfit zu finden. John hingegen treibt unter minimalem Zeitaufwand einen farblich zur Strickjacke passenden, preisreduzierten Strampler in der richtigen Größe auf.

Erleichtert ziehe ich der Kleinen bereits die Sachen aus, als ich John auf die Restauranttür zukommen sehe. Nur um dann panisch festzustellen, dass ich auch die Windeln beim letzten Trockenlegen im Auto liegengelassen hatte. Super Daddy muss also nochmal ausfliegen, um Windeln zu kaufen. Er “charmt” sich seinen Weg an die Spitze der Supermarktschlange und kehrt auch das zweite Mal innerhalb weniger Minuten zurück.

Der Weg ist das Ziel

Als wir das Restaurant verlassen, ist es bereits dunkel. Bloß gut, dass wir außer des geplatzten Weihnachtsmarktbesuches keine Agenda für unseren Trip nach Belfast hatten. Und so nehmen wir es gelassen. Ich wollte lediglich ein wenig Weihnachtsstimmung genießen und das tun wir nun bei einem Bummel durch die hell erleuchteten Straßen.

Ich erinnere mich an die letzten Male, die ich in Belfast gewesen war. Das erste Mal mit einer sehr guten Freundin. Wir waren beide Studentinnen, hatten im Hostel übernachtet und die politischen Sehenswürdigkeiten wie die Murals und Friedhöfe bei einer Black Cab Tour erkundet. Die folgenden Male war ich beruflich in Belfast unterwegs. Auf einer Info-Tour für einen Reiseveranstalter, für den ich heute noch gelegentlich arbeite, hatte ich das damals neu eröffnete Titanic Belfast besucht. Ich war bei einem Gala-Dinner im Rathaus und durfte im berühmten Europa Hotel hinter die Kulissen schauen. Ich hatte in chicen Hotels übernachtet, war abends in Belfast ausgegangen und im berühmten Crown Liqour Saloon eingekehrt. Selbst den St. George’s Market kannte ich zu Genüge von einer Messe, an der ich dort vor 3 Jahren teilgenommen hatte. Ich habe also das touristische Belfast gesehen.

Heute war nicht der Tag um Sehenswürdigkeiten “abzuarbeiten”. Heute war der Weg das Ziel. Der Plan war es, keinen Plan zu haben und einfach eine schöne Zeit mit der Familie zu verbringen. Das ist uns auf jeden Fall gelungen, auch wenn alles anders gekommen war als erwartet.

Ein fast perfektes Happy End

Auf dem Heimweg verirren wir uns als wir auf der Suche nach einer Raststätte die Autobahn verlassen. Es wäre kein Familienausflug der Paynes ohne sich mindestens einmal – meistens auf der Suche nach etwas zu Essen – zu verfahren. Die Kleine stillend und mit einem nun zurecht ungehaltenen 2-Jährigen auf dem Rücksitz, stranden wir irgendwo im Nirgendwo auf einer dunklen Landstraße. Dank Navi bleibt es bei einem kurzen Umweg. Dieser ist wenig später vergessen als wir die familienfreundliche Raststätte ansteuern, an der wir am Morgen schon eine Pause gemacht hatten. Unser Großer – bereits im Schlafanzug – stürmt begeistert auf die Spielecke zu. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten wir uns die „Zwischenstation Belfast“ ohnehin sparen können. Er quiekt vor Freude als er die Gummirutsche heruntersaust. Das Ende eines perfekten Tages.




Warum Eltern von Kleinkindern kaum auszuhalten sind

Es ist nicht gerade ein Vergnügen Zeit mit Eltern und ihren Kleinkindern zu verbringen. Insbesondere dann nicht, wenn man selber keine Kinder hat. Mitten im Gespräch kehren sie einem den Rücken zu, um ihren agilen Nachwuchs nicht aus den Augen zu verlieren. Oder sie laufen gleich ganz weg, um das Kind einzufangen, damit es nicht alles verwüstet, bevor der Gesprächspartner auch nur den ersten Satz vollendet hat. Jegliche Etikette und soziale Normen scheinen ihnen abhanden gekommen zu sein. Ihr Fokus liegt allzeit nur darauf, größere Verletzungen ihrer Sprösslinge und die Zerstörung fremden Eigentums durch selbige zu verhindern. Daher wird es durchaus als salonfähig erachtet, hastig Essen mit den Händen in den Mund zu stopfen. Für beide – Eltern und Kind. Sie denken nicht lange darüber nach, ob es sich gehört eine stinkende Windel im gleichen Raum zu wechseln, in dem ihre kinderlosen Freunde gerade eine Mahlzeit zu sich nehmen. Sie haben sich wahrscheinlich nicht einmal die Mühe gemacht ein frisches Oberteil anzuziehen, bevor sie das Haus verlassen haben. Einerseits weil es ohnehin nicht lange fleckenfrei geblieben wäre. Andererseits weil mitunter kein sauberes Kleidungsstück mehr vorhanden war, da sich die dreckige Wäsche höchstwahrscheinlich schon seit Tagen türmt. Für jemanden, der es nicht gewohnt ist kleine Kinder um sich zu haben, sieht es quasi so aus, als hätten frischgebackene Eltern ihre Manieren ganz und gar über Bord geworfen.

Ein Tag im Museum

Kürzlich besuchten wir mit unserem 2 1/2-Jährigen und unserem Neugeborenen das Naturkundemuseum in Dublin. Als wäre das nicht Herausforderung genug gewesen, hatten wir uns dort mit einem Freund und seinen 3-jährigen Zwillingen verabredet. Ich möchte vorab erwähnen, dass für diesen Artikel keine (ausgestopften) Tiere oder Kinder zu Schaden gekommen sind. Mein Mann John folgte brav den Richtungsanweisungen unseres Großen, der ihn mit den Worten „Look daddy, look“ aufgeregt durch die Ausstellungshalle schleifte. Unser Bekannter erklärte seinen staunenden Kindern ganz eifrig ein paar komisch aussehende Exponate. Gleichzeitig musste er zunächst selber die Beschriftung im Schaukasten lesen und in seinem Rucksack nach Snacks für die hungrigen Mäuler wühlen. Multitasking wie es im Buche steht. Natürlich waren die interessantesten Tiere – zumindest in den Augen unserer Jüngsten – in der oberen Etage, die derzeit wegen Renovierung geschlossen war. Das wurde uns lang und breit von einem älteren Herren der Museumsaufsicht erklärt. Der war anscheinend froh darüber, dass überhaupt einmal jemand etwas fragte. Er redete ausschweifend mit exzessiver Mimik und Gestik, beinahe wie bei einer Märchenstunde. Seine Ausführungen wurden von einem der Zwillinge unterbrochen, der mit Unschuldsmiene leise zu seinem Papa sagte „Ich muss mal pinkeln“. Das war uns allen ganz recht. Weniger passend sicherlich, wenn ein Freund (ohne Kinder) einem gerade sein Herz ausschüttet…

 Wie in einer überdrehten Komödie

Als wir uns wieder im Foyer sammelten, versuchte ich mir kurz vorzustellen, wie unser wuseliges kleines Grüppchen wohl auf Außenstehende wirkte. Was hätte ich damals gedacht, als ich vor 5 Jahren noch als Single Frau und ohne Kinder auf Sightseeing Tour war. Es war wie in einer amerikanischen Komödie, die man gar nicht bis zum Ende schauen mag, weil sie einem zu überdreht erscheint. Unserem Großen stand die Erschöpfung ins Gesicht geschrieben. Dennoch gab es vehementen Protest bei dem Versuch ihn in den Kinderwagen zu setzen. Als das geschafft war, nahm er sein kontinuierliches Fragen nach Essen wieder auf. Als der Zwillingspapa sich kurz entfernte, um sein Parkticket zu verlängern, galt es die quirlige Bande im Zaum zu halten. Denn kurz vor der Müdigkeit wird bekanntlich noch einmal aufgedreht. Das kannte natürlich auch unser Freund nur zu gut und vielleicht gab es gar kein abgelaufenes Parkticket. Wie auch immer. Als unser Geräuschpegel im Foyer aus dem Ruder zu laufen drohte, hatte John die geniale Idee einen Pantomime-Schrei-Wettbewerb zu veranstalten. Eifrig mimten wir lautlos Schreie und rangen damit sogar dem grummeligen Wachmann ein Lächeln ab.

Kinder-Überraschung

Überraschenderweise kehrte unser Freund nach kürzester Zeit zurück und wir beschlossen gemeinsam Essen zu gehen. Ein Ereignis, vor dem es wohl den meisten Eltern graut. Seit unser Ältester laufen kann, habe ich es weitestgehend vermieden auswärts zu essen. Außer dass ich nicht selber kochen muss, hat es mehr Nachteile als Vorzüge. Zunächst muss ich das Kind beschäftigen bis das Essen kommt. Das bedeutet in jedem Fall nicht still am Tisch zu sitzen. Die Kinderportionen kommen zum Glück meist zuerst. Sie sind dann aber auch aufgegessen, wenn endlich mein Essen serviert wird. Damit wären wir wieder beim Beschäftigungsproblem. Seit das Laufen keine Neuheit mehr ist, kann es mitunter wieder ganz entspannt sein zusammen im Restaurant zu essen. Kann, muss aber nicht. Eine Garantie gibt es nie. Manchmal betritt man das Lokal mit dem bravsten Kind der Welt. Noch bevor die Speisekarte kommt, sitzt ein kleiner Satansbraten am, oder auch auf bzw. unter dem Tisch. Ich vergleiche es gern mit einer Kinder-Überraschung: man weiß nie was hinter der süßen Fassade zum Vorschein kommt.

Landeier in der Stadt

An dem Tag lief alles zivilisiert ab und wir konnten in Ruhe essen. An dieser Stelle auch nochmal ein Dankeschön an Lauren von Foley’s Bar! Großartiger Service und genau der richtige Sinn für Humor, wenn so eine arbeitsintensive Truppe wie wir zur geschäftigsten Zeit des Tages auftaucht. Wir hatten sogar Gelegenheit ein richtiges Gespräch unter uns Erwachsenen zu führen. Wenn man von dem fehlenden Blickkontakt, mehreren Anläufen ein Thema zu beenden und wildem Gestikulieren mit klebrigen Fingern absieht. Wir nutzten die Nachmittagsschwere unserer kleinen Energiebündel für einen Bummel durch Dublin City. Es war eine halbe Ewigkeit her seit wir das letzte Mal in der Stadt gewesen waren. Die Einkaufstraße Grafton Street war inzwischen in Grafton Quarter umbenannt worden. Unser Großer fragte uns mit staunenden Augen was das denn sei und zeigte auf die Straßenbahn. Ich machte meinen Mann auf das ‘neu renovierte’ Bewleys Café aufmerksam, das bereits im November 2017 wieder seine Pforten geöffnet hatte.

Heiße Schokolade statt Cocktails

Ausflüge wie diese sind bei uns selten geworden. Bei allem Aufwand den es bedarf das Haus mit so einer kleinen Rasselbande zu einer halbwegs vernünftigen Zeit zu verlassen, schätzt man solche Tage besonders. An diesem Morgen hatten wir alles stehen und liegen lassen und waren einfach losgefahren. Als wir so durch das neu ernannte Grafton Viertel schlenderten und ich die aufgehübschten Damen in ihren Miniröcken durch die Kälte huschen sah, erinnerte ich mich, wie normal es für mich noch vor einiger Zeit gewesen war an einem Samstagabend auszugehen. Jetzt fühlte es sich so an als hätte es in einem anderen Leben stattgefunden. Ich kann ehrlich sagen, dass ich mit niemandem hätte tauschen wollen, der gerade unterwegs in eine schicke Bar oder einen hippen Nachtclub war. Ich hätte in diesem Moment nicht zufriedener sein können, als mit meiner heißen Schokolade in der Hand. Unsere 2 Monate alte Tochter eingekuschelt an meinem Bauch. Mein Mann mit dem Kinderwagen neben mir, in dem unser Großer soeben eingenickt war.

Das Partyleben liegt eindeutig hinter mir. Sicherlich haben sich dadurch einige Freundschaften verändert oder sind sogar im Sande verlaufen. Andererseits habe ich durch die Kinder viele neue, wunderbare Bekanntschaften geschlossen. Und diese sind es, mit denen ich mich über die ganz eigene Welt einer Vollzeitmama austauschen kann. In dem Sinne noch einmal ein Dankeschön an den Zwillingspapa, mit dem wir einen herrlich unkomplizierten Tag in Dublin verbrachten. Und natürlich an meine Mami-Freundinnen, die mir inzwischen so wichtig geworden sind.




Wie man als Vollzeit-Mama Mitarbeiterin des Monats wird

Zum wiederholten Male wurde ich zur Mitarbeiterin des Monats ernannt. Die Ehrung findet immer im kleinen Kreis statt. Keine langen Reden oder Danksagungen, dafür viele Emotionen. Manchmal fließen sogar Tränen. Neulich hatte ich mich extra chic gemacht, aber das hat nicht allzu lange angehalten. Jemand hat mir etwas über das Oberteil gekippt. Ärgerlich, aber das passiert nun mal.

In den letzten zweieinhalb Jahren war ein dynamischer junger Mann für die Auszeichnung verantwortlich. Seit September diesen Jahres wird er von einer forschen Dame unterstützt. Gemeinsam beobachten sie mich täglich und oft weiß ich nicht, was gerade in ihren Köpfen vorgeht. Sie stellen hohe Anforderungen und äußern lautstark Kritik. Manchmal denke ich, dass ich ihren Ansprüchen nicht gerecht werde und fühle mich wie eine Versagerin. Um so glücklicher bin ich dann, wenn mir wieder die erwähnte Anerkennung entgegen gebracht wird. Des öfteren kommt es ganz unerwartet, aber manchmal rechne ich auch fest damit.

Die Herausforderung

Man hört viel Negatives über meinen Job. Dabei ist er eigentlich sehr populär und viele möchten ihn machen. Die Jobbeschreibung klingt auf den ersten Blick recht simpel. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass man flexibel sein und ein großes Improvisationstalent mitbringen muss. Multitasking wird direkt vorausgesetzt. Fähigkeiten, von denen ich nicht dachte, dass sie in mir schlummerten. Toll finde ich, dass man die Arbeit größtenteils von zu Hause aus machen kann. Das heißt aber auch, dass es keine geregelten Arbeitszeiten gibt.

Als ich die neue Herausforderung im Mai 2017 antrat, hatte ich keine richtige Ahnung, was mich erwartete. Ich bereitete mich so gut es ging darauf vor, aber es blieb dennoch genug worüber ich mir Sorgen machte. Immerhin hatte ich dafür meinen geregelten Bürojob aufgegeben. Dabei wusste ich noch nicht einmal, ob die neue Aufgabe auf Dauer etwas für mich sein würde. Nun bin ich froh, dass ich den Schritt gewagt habe. Ich kann mir nichts vorstellen, was ich lieber machen würde. Klar gibt es auch Tage an denen ich die Nase gehörig voll habe. Aber die hatte ich bislang in jedem Job. Ich habe also definitiv die richtige Entscheidung getroffen.

Eine Lebensaufgabe

Inzwischen bin ich mit viel Herzblut dabei und das ist auch gut so. Denn wenn man sich einmal dem Projekt verpflichtet hat, ist es schwer wieder in einen Arbeitsalltag hinter dem Schreibtisch zurückzukehren. Ein sehr wichtiger Teil meiner Arbeit sind die Menschen mit denen ich täglich zu tun habe. So viele verschiedene Charaktere und manchmal sogar mehrere Persönlichkeiten in einer. Das birgt natürlich jede Menge Konfliktpotential und eine meiner Aufgaben ist es, die Kontrolle zu behalten. Troubleshooting sozusagen. Das musste ich erst lernen. Normalerweise erledige ich gerne eins nach dem anderen und mag ein strukturiertes Arbeitsumfeld. Stattdessen ist nun Chaos an der Tagesordnung, das ich zu beherrschen versuche.

Die heiß begehrte Auszeichnung

Es sieht also ganz danach aus als hätte ich selber viel Negatives über meine Arbeit zu sagen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass die mir entgegen gebrachte Wertschätzung den ganzen Stress und die Überstunden um ein Vielfaches aufwiegen. Doch was hat es nun mit der viel gepriesenen Auszeichnung zur Mitarbeiterin des Monats auf sich? Ich denke die meisten haben es ohnehin schon erraten.

Anstelle einer gerahmten Plakette bekomme ich kreatives Krikelkrakel auf Papier. Ich erhalte selbst gebastelte Karten mit ‘Thank-you’-Stempeln und bunten Tieraufklebern darauf. Matschige kleine Händchen überreichen mir Gänseblümchen aus dem Garten. Mein Tag ist voll von spontanen Kuschelattacken und herzhaftem Lachen.  Am Abend bekomme ich ‘selbst gekochte’ Fantasie-Gerichte serviert. Wenn ich erschöpft auf der Couch liege, lehnt jemand wortlos seinen kleinen Kopf an meine Schulter. „Mami ich hab dich lieb“, höre ich es flüstern. Dann weiß ich, dass ich den besten Job der Welt habe und dass ich für meine zwei kleinen Mäuse immer die Mitarbeiterin des Monats sein werde. Auch ohne gerahmte Plakette und Sektumtrunk.




Wie kinderfreundlich ist Irland?

(Dieser Artikel ist losgelöst von dem kürzlich in Irland eingeführten Abtreibungsgesetz. Bitte lest hierzu meinen bereits erschienen Artikel Life is Life.)

Als ich vor reichlich viereinhalb Jahren nach Irland kam, war diese Frage für mich noch nicht relevant. Inzwischen ist sie es. Allerdings hätte die Antwort nun keinen Einfluss mehr auf irgendeine meiner Entscheidungen. Denn während ich diese Zeilen schreibe, krabbelt unser kleiner Sohn gerade zu meinen Füβen herum.

Die Frage beschäftigt mich nach wie vor. In dem folgenden Artikel habe ich daher meine persönlichen Erfahrungen während und nach meiner ersten Schwangerschaft in Irland zusammengetragen. Von der medizinischen Versorgung bis hin zur Kinderbetreuung. Ich hoffe damit potenziellen Irland-Auswanderern hilfreiche Tipps zu geben. Es würde mich auβerdem freuen, wenn ich damit vielleicht sogar einen Meinungsaustausch derer anrege, die es betrifft.

Medizinische Versorgung während der Schwangerschaft

Als ich mich das erste Mal richtig mit dem Thema auseinandersetzte, recherchierte ich zunächst Kosten für Kinderbetreuung in Irland. Ich war geschockt. Mir war sofort klar, dass sich Kind und Karriere hier nur schwierig bis gar nicht vereinbaren lassen. Doch da stand ich erst am Anfang meiner Schwangerschaft. Alles was zu diesem Zeitpunkt für mich zählte, war eine vernünftige medizinische Versorgung.

Ich hatte keinerlei Bedenken bezüglich medizinischer Standards in Irland. Ebenso wenig wusste ich, was auf mich zukommen würde. Alles war neu für mich. Das wäre es auch in meiner Heimat Deutschland gewesen. Und so war es ein glücklicher Zufall, dass eine Freundin von mir in Deutschland zur gleichen Zeit schwanger war. Neben den Freuden und Ängsten werdender Mütter, konnten wir demnach hervorragend Parallelen zwischen beiden Gesundheitssystemen ziehen.

Duale Betreuung

Anders als in Deutschland gibt es in Irland die duale Betreuung. Sobald der Hausarzt die Schwangerschaft bestätigt hat, sucht man sich eine Geburtsklinik aus. Die regelmäβigen Untersuchungen finden dann abwechselnd zwischen Hausarzt und dem Krankenhaus statt. Das hat den Vorteil, dass man mit dem Ort der Entbindung bereits vertraut ist. Anstelle nur einmalig an einer “Hausführung” teilzunehmen, steht man in Kontakt mit dem medizinischen Personal und kennt sich schon mal im “Labyrinth der Flure” aus.

Theoretisch bestens gerüstet

Zum Zeitpunkt meiner Schwangerschaft war ich nicht krankenversichert. Das heiβt mir stand lediglich die gesetzliche Krankenversorung (public health care) zur Verfügung. Dennoch hatte ich Zugang zu diversen kostenfreien Angeboten wie dem klassischen Geburtsvorbereitungskurs (inkl. Windelwechselwettbewerb für die werdenden Väter). Ein Physiotherapiekurs bereitete mich zusätzlich auf die körperlichen Strapazen der Geburt vor. Zumindest in der Theorie.

Ich war ein absoluter Neuling was Babies anging. Weder hatte ich in meinem Leben schon einmal eine Windel gewechselt, noch auf Kinder von Freunden aufgepasst. Mein Mann hatte mir da einiges voraus. Dennoch waren wir beide gleichermaβen dankbar für das groβzügige Kursangebot. Vom Baby-Sicherheits-Training für zukünftige Eltern bis hin zur alternativen Geburtsmethoden wie dem Hypnobirthing lieβ das Beratungs-Repertoire nichts zu wünschen übrig.

Hebamme inbegriffen

Ebenfalls als positiv empfand ich, dass die Hebamme im “Gesamtpaket” enthalten war. Sie übernahm im Krankenhaus den Groβteil der Untersuchungen. Ich musste mich weder selber um eine kümmern, noch extra für sie bezahlen. Zwar war nicht garantiert, dass ich jedes Mal auf die gleiche Hebamme traf, aber meistens war das der Fall. Und dank einer sehr ausführlich geführten Krankenakte, gingen keine Informationen verloren. Welche Hebamme bei der Geburt meines Sohnes Dienst hatte, war mir in dem Moment schnurzpiepegal. Ich habe mich jedenfalls bestens aufgehoben gefühlt.

Warum das Rad neu erfinden…

Sobald ich nach der Geburt aus dem Krankenhaus entlassen wurde, informierte man die zuständige Gemeindeschwester. Diese kam in den folgenden Tagen ins Haus, um zu schauen, ob es mir nebst Kind gutging. Auβerdem hatte ich die Gelegenheit, jede Menge Fragen und mitunter auch Ängste mit der sogennanten Public Health Nurse zu besprechen. Das war nicht nur im Rahmen der Hausbesuche möglich, sondern jederzeit telefonisch oder während einer wöchentlichen Sprechstunde. Stolz berichtete ich meinen Eltern von dieser tollen “Erfindung”, die es hier in Irland gab. Meine Mutti entgegnete mir schmunzelnd, dass sie bereits zu DDR-Zeiten von dem Konzept der Gemeindeschwester Gebrauch gemacht hatte, als ich “frisch geschlüpft” war. Schade, dass es das so in Deutschland heute nicht mehr zu geben scheint.

Erstes Kind, was nun

Ich war überzeugt, dass ich nicht der Typ für “Mami-Freundschaften” war. Und schon gar nicht für vormittags nach einer Kinderwagen-Rallye beim Kaffee zu sitzen und Rezepte für zuckerfreie Muffins auszutauschen. Ich hatte mich getäuscht. Inzwischen habe ich einen kleinen Kreis sehr netter Mamis (und Babies) um mich herum. Und ja, der Austausch gesunder Rezepte bleibt da nicht aus. Als Vollzeit-Mama sind mir diese Zusammenkünfte inzwischen sehr wichtig geworden. Und so kann auch ich es nur weitergeben, wie es mir als werdende Mutter empfohlen wurde: Rausgehen und sich ein Mami-Netzwerk aufbauen! Für mich war die örtliche Stillgruppe die perfekte “Kontaktbörse”.

(Alb-)Traum Stillen

Als ich das erste Mal von einer “Breastfeeding-Support-Group” hörte, fand ich den Namen etwas irreführend. Es klang so nach Selbsthilfegruppe und mir war nicht klar, wie diese beiden Dinge zusammenpassten. Inzwischen weiβ ich es. Dabei konnte ich mich glücklich schätzen, dass mir das Stillen von Anfang an keinerlei Schwierigkeiten bereitet hatte. Es spielte eine groβe Rolle, dass ich mich beim Stillen in der Öffentlichkeit hier nie unwohl oder herablassend beäugt gefühlt habe. Im Gegenteil, für (diskretes) Stillen ist man mir oft mit Respekt oder einfach ganz normal begegnet. Bei einem unserer “Notfallstopps” in einer Einkaufspassage brachte mir eine Ladeninhaberin sogar ein Glas Wasser als sie mich stillend auf der Bank sitzen sah. Eine der freundlichen Gesten, die mir positiv in Erinnerung geblieben ist.

Klatschend durch die Morgenstunden

Der Tag muss für mich langsam und vor allem ruhig beginnen. Warum, um Himmels Willen, fangen alle musikalischen Mutter-Kind-Aktivitäten schon morgens 10 Uhr an? Vielleicht sollte ich in diesem Zusammenhang noch erwähnen, dass wir mit einem Langschläferkind gesegnet sind. Ob das angeboren und eher anerzogen ist, wissen wir nicht. Jedenfalls ist auch unser Kleiner nicht allzu “amused”, wenn die Jalousien bereits vor 8 Uhr geöffnet werden. Ein kurzes Grummeln und mit einer Handbewegung das Kuscheltier über’s Gesicht gezogen, sind meist die zu erwartenden Reaktionen. Dabei bin nicht ich diejenige, die zur allwöchentlichen Spielegruppe gehen möchte. Doch spätestens wenn uns meine Freundin mit ihrer stets gutgelaunten Tochter am Tor erwartet, ist die Morgenmuffel-Laune verflogen. Dann sind wir bereit den Vormittag fröhlich klatschend mit Gleichgesinnten zu verbringen.

Der Sprössling will unterhalten werden

Spielegruppen aller Art sowie Aktivitäten für Kinder jeder Altersgruppe gibt es bei uns in der Gegend zur Genüge. Der Fokus liegt auf der Gemeinschaft, dem Kontakte knüpfen und natürlich auch dem Erfahrungsaustausch (womit wir wieder bei den Kochrezepten wären). Die Organisatoren – einige davon ehrenamtlich – sind mit viel Eifer und Einsatz dabei. Zwar kann ich nicht für ganz Irland sprechen, aber wage dennoch zu behaupten, dass es diesbezüglich ein sehr gutes Netzwerk gibt. Nicht alle Angebote sind kostenlos, sondern mitunter recht kostenintensiv (Musikgruppen, Schwimmkurse etc.). Bei uns im Ort sind es bespielsweise die Kirchengemeinde und die Bibliothek, die für einen kleinen Obulus bzw. kostenfrei, Unterhaltung für Kleinkinder anbieten. Am besten informiert man sich über soziale Netzwerke was es so gibt oder verlässt sich auf die altbewährte “Mama-zu-Mama Propaganda”.

Horrende Kosten für Kinderbetreuung

Heikel wird es beim Thema Vollzeit-Kinderbetreuung. Kürzlich las ich einen Artikel in der Irish Times mit dem Titel “Hohe Kosten für Kinderbetreuung zwingen Frauen sich aus der Arbeitswelt zurückzuziehen”. Und tatsächlich lohnt es sich kaum bei monatlichen Betreuungskosten von ca. €1000 wieder ins Berufsleben einzusteigen. Als ich mich während der Schwangerschaft nach Krippenplätzen umschaute, lag das günstigste Angebot bei €950. Dort gab es dann allerdings eine Warteliste. Das teuerste war €1650 pro Monat; 2 – 3 weitere Kinderkrippen lagen irgendwo dazwischen.

Karriere vs. Vollzeit-Mami

Für uns war daher schnell klar, dass die Karriere bei mir den Kürzeren ziehen würde. Sowohl finanziell als auch logistisch hätte eine Vollzeit-Kinderbetreuung für uns keinen Sinn gemacht. Ich denke, dass es vielen Frauen mit niedrigem bis mittlerem Einkommen in Irland so geht. Um das noch einmal deutlich zu machen: Ich hätte verkürzt arbeiten gehen müssen, um unser Kind unter Berücksichtigung meines Arbeitsweges pünktlich in die Kinderkrippe bringen und abholen zu können. Teilzeit hätte weniger Gehalt bedeutet. Nach Abzug meiner Monatskarte für den Zug wäre am Ende des Monats etwa soviel übrig geblieben, wie wir für einen Kinderkrippenplatz gezahlt hätten. Obendrein hätten wir wahrscheinlich noch eine Haushaltshilfe gebraucht. Denn wenn ich schon über 40 Stunden pro Woche von meinem Kind getrennt bin, möchte ich die verbleibende Zeit nicht mit putzen verbringen. Schlussendlich noch draufzahlen? Ich denke diese Rechnung ist einfach…

Günstigere Alternativen

Oft höre ich von Bekannten, dass sie dennoch auf ihr Gehalt angewiesen sind. Oder einfach nach ihrer Elternzeit gern wieder ins Berufsleben einsteigen möchten. Sie stehen jedoch vor dem gleichen Problem. Es bleibt kaum Geld übrig, wenn das Kind professionell betreut werden soll. Viele lassen den Nachwuchs daher tagsüber bei den Groβeltern oder anderen Verwandten. Auch Au-pairs und private Childminder sind eine günstigere Alternative. Allerdings scheint es zunehmend ein Problem zu sein, dass Frauen aus o.g. Gründen nicht an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren.

Aus dem Gröbsten raus

Ist das Kind aus dem Gröbsten raus, entspannt sich die finanzielle Lage erst einmal ein wenig. Ab dem 3. Lebensjahr besteht Anspruch auf einen staatlich geförderten Vorschulplatz mit dem ECCE Programm. Aber auch dieser umfasst nur die Betreuung am Vormittag von 9 – 12 Uhr. Es liegt auf der Hand, dass auch das der Mutter keinen Wiedereinstieg in den Beruf ermöglicht. Die Einschulung erfolgt dann mit 4 oder 5 Jahren. Die Grundschulbildung ist in Irland gebührenfrei. Das heiβt aber nicht, dass keine weiteren Kosten auf die Eltern zukommen. Die durchschnittlichen Kosten für ein Grundschulkind 2018 betragen €830 pro Jahr (Quelle: Zurich.ie). Für ein Kind in der Sekundarstufe (ab 12 Jahren) muss man mit durchnittlich €1.495 im Jahr wieder etwas tiefer in die Tasche greifen. (Stand 2018, Quelle: Zurich.ie).

Kinderfreundlich, ja oder nein?

Ich denke die (medizinische) Versorgung während und nach der Schwangerschaft ist in Irland nicht das Problem, wenn es um obige Frage geht. Wohl aber die hohen Kosten für die Kinderbetreuung. Heiβt das im Umkehrschluss, günstigere Kinderkrippen würden ein kinderfreundlicheres (Ir)Land bedeuten?

Ich denke genau das Gegenteil ist der Fall. Hohe Krippenkosten bedeuten, dass sich Kind und Karriere nicht (gut) vereinbaren lassen. Meiner Meinung nach wirken sie sich nicht negativ auf das Kind aus. Dass ich quasi gezwungen bin mit unserem Kleinen zu Hause zu bleiben, hat nur Vorteile für uns beide. Wir verbringen täglich wertvolle Zeit miteinander. Ich erlebe seine ersten groβen Meilensteine mit. Ich bringe ihm Dinge so bei, wie ich sie für richtig erachte. Ich bin da um ihn zu trösten, wenn es ihm nicht gutgeht. Ich denke, das ist das Beste für unseren Sohn. Diese Zeit, in der es sich für mich finanziell  nicht lohnt wieder arbeiten zu gehen, ist auch die einschneidenste in der kindlichen Entwicklung. In dieser Zeit 100% für mein Kind da zu sein, ist  ziemlich kinderfreundlich, oder?




Life is Life

Das 1. Mal den Herzschlag seines ungeborenen Babys zu hören ist ein ganz besonderer Moment, den ich im vergangenen Jahr zu meinem großen Glück selbst erleben durfte. Wenn es dann noch ein Wunschkind ist und man es kaum erwarten kann, bis es nach neun Monaten (in meinem Fall sogar 9 1/2) endlich das Licht der Welt erblickt, ist es um so schöner.

Doch was wenn man in einer schwierigen Lebenssituation ungeplant ein Kind erwartet? Seien es Probleme finanzieller Natur, dass man nicht den richtigen/keinen Partner an der Seite hat oder es einfach nur der falsche Zeitpunkt ist. Hat man dann das Recht es abtreiben zu lassen? Und wenn ja, bis zu welchem Monat? Und, ist es allein das Recht der Frau dies zu entscheiden?

Fragen, die man sich aktuell in Irland stellt und heftig öffentlich diskutiert. Derzeit ist das Leben des ungeborenen Kindes im 8. Zusatzartikel der irischen Verfassung, dem sogenannten 8th Amendment, geschützt und demnach eine Abtreibung verboten; es sei denn das Leben der Mutter ist gefährdet.

Es haben sich zwei Lager gebildet: Pro Choice mit seinem Slogan “Repeal the 8th”, welches sich für die Abschaffung des Paragraphen und die freie Entscheidung der Frau zu einer Abtreibung ausspricht. Und Pro Life, das sich für das Recht auf Leben des ungeborenen Kindes einsetzt und den Artikel erhalten will.

Bestimmt die Nachfrage das Angebot?

Jährlich reisen tausende irischer Frauen nach Großbritannien, um dort eine Abtreibung durchführen zu lassen. Diese ist dort bis zur 24. Schwangerschaftswoche (6. Monat) ohne Angabe von spezifischen Gründen erlaubt. Eine in fünf Schwangerschaften endet in einer Abtreibung (Quelle: loveboth.ie). Im Jahr 2016 wurden 3.265 Abtreibungen von britischen Kliniken verzeichnet, bei denen ein irischer Wohnsitz des “Patienten” angegeben wurde (Quelle: ifpa.ie). Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich wesentlich höher, da man davon ausgehen kann, dass nicht immer eine korrekte Adresse genannt wird bzw. andere Länder zur Durchführung einer Abtreibung aufgesucht werden. Man schätzt dass ca. 5000 irische Frauen jedes Jahr ins Ausland reisen, um eine Schwangerschaft abzubrechen (Quelle: ifpa.ie). Die wahren Gründe für eine Abtreibung können nur schwer erfasst werden. Meist werden sie unter der sogenannten “Abtreibung aus sozialen Gründen” zusammengefasst, was somit nicht sehr aussagekräftig ist (Quelle: AbortionReview.org).

Die Pro-Choice Seite argumentiert, dass man diesen Frauen nicht zumuten kann, die beschwerliche Reise auf die Nachbarinsel anzutreten, um sich dort dem in Irland gesetzeswidrigen Eingriff zu unterziehen. Dass sie selbst über ihren eigenen Körper bestimmen dürfen sollten und dass es somit ihr Recht sei, eine ungewollte Schwangerschaft zu beenden. Heißt das, weil pro Tag ca. 12 irische Frauen nach einer Abtreibung verlangen, sollte man ihrem Wunsch nachkommen und sie in Irland legalisieren?

Du bist nicht allein

Wenn es dabei nur um ihren eigenen Körper ginge vielleicht, aber das ist ja ganz klar nicht der Fall. Bereits ab der 3. Schwangerschaftswoche beginnt das Herz des Babys zu schlagen und zu diesem Zeitpunkt hat man zumeist noch nicht einmal die Schwangerschaft festgestellt. Das bedeutet, wann immer man sich für eine Abtreibung entscheidet, hat man es bereits mit einem kleinen menschlichen  Wesen zu tun und das sieht spätestens ab der 12. Schwangerschaftswoche auch schon so aus. Wer gibt also den Frauen das Recht das Leben eines anderen Menschen zu beenden, nur weil sie ihn nicht haben wollen? Abgesehen davon, wer oder was bestimmt in dem Fall bis wann ein Abbruch legitim ist?

Tötet eine Mutter ihr Neugeborenes, weil sie sich in einer verzweifelten Lage befindet, sind sich alle einig, dass das Mord ist und die Gesetzeslage ist eindeutig. Täte sie dies in der 24. Schwangerschaftswoche während sich das Kind noch in ihrem Bauch befindet, obwohl es zu diesem Zeitpunkt schon geboren werden und überleben könnte, ist das ein legitimer Schwangerschaftsabbruch? Das leuchtet mir nicht ein. Wo ist der Unterschied zwischen einer verzweifelten Frau vor der Geburt und einer Frau in der gleichen misslichen Lage danach? Wäre es nicht sinnvoller sich stattdessen von Vornherein für gezielte Hilfe in Krisenschwangerschaften einzusetzen um beide diese Extremfälle zu vermeiden?

Eene meene Muh…

Bliebe noch ein früheres Abtreibungslimit zu diskutieren, so wie derzeit die  14. Schwangerschaftswoche in Deutschland. Aber auch hier ist für mich fraglich, welche Kriterien zur Ermittlung dieser Frist ausschlaggebend sind. Das Gehirn des Babys arbeitet dann bereits, sendet Impulse mit denen es die Mimik und sogar seine kleinen Händchen steuern kann. Und das Herz pumpt schon seit fast 3 Monaten fleißig Blut durch den winzigen Körper. Das Argument, dass es ja noch kein Bewusstsein habe und nichts merke, finde ich irrelevant, weil dies zum einen nicht eindeutig “gemessen” bzw. belegt werden kann. Zum Anderen könnte man dann auch argumentieren, dass ein Neugeborenes bzw. ein Frühchen auch nicht bewusst wahrnimmt, was um es herum geschieht.

Letztendlich läuft es doch einzig und allein auf die Frage hinaus, ob es sich bei einem ungeborenen Kind, unabhängig seines Alters und Entwicklungsstandes, um ein Lebewesen handelt oder nicht. Wenn man sich diese Frage mit ja beantwortet, kann man eine Abtreibung nicht befürworten.

Unser Kind schuldet uns nichts, wir schulden ihm alles

Seit Mai diesen Jahres bin ich selbst Mutter und bereits in der Schwangerschaft galt für mich ganz selbstverständlich der Grundsatz “Das bin ich meinem Kind schuldig”. Nein, ich habe nicht mehr das Recht mal eben eine Zigarette zu rauchen oder ein Glas Wein zu trinken, wenn mir danach ist. Mich mit Zucker und Junk Food vollzustopfen (nicht dass ich das ständig täte), ist schon schlimm genug für meinen eigenen Körper, aber ein Tabu, wenn man einen “Mitbewohner” hat, der einen anzapft. War das immer einfach, wenn man schon mit diversen anderen Unnanehmlichkeiten wie zunehmender Unbeweglichkeit und dem Verzicht auf die geliebte Bauchlage in den letzten ungestörten Nächten zu kämpfen hat? Ganz sicher nicht. Und habe ich immer alles zu 100% korrekt gemacht? Bestimmt eben so wenig. Aber ich bin es meinem Kind schuldig, mein mir Möglichstes zu versuchen, auch wenn es mir nicht immer leicht fällt.

In den drei Monaten, die unser kleiner Sonnenschein nun schon auf der Welt ist, (über-)lebe ich ebenfalls nach diesem Motto. Klar gibt es neben dem herzerweichendsten Lächeln auch die schlaflosen Nächte, von denen alle sprachen und natürlich kommen auch Momente, in denen ich trotz aller Freude an meine Grenzen stoße. Aber der kleine Wurm ist nicht (nur) da, um uns glücklich zu machen. Mit der Entscheidung ein Kind zu haben, sind wir beide eine große Verantwortung eingegangen, die wir nicht einfach ablegen können wie es uns beliebt. Wir haben uns dazu “verpflichtet” immer zusammen für es da zu sein. Es zu beschützen und nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern. Unsere eigenen Befindlichkeiten hinten anzustellen, solange es von uns abhängig ist.

Gleichtzeitig bekommen wir nicht automatisch das Recht das Kind als unser Eigentum zu behandeln und es etwa zur Verwirklichung eigener verpasster Träume zu benutzen oder um unsere Partnerschaft oder Lebenssituation aufzuwerten. Alle Entscheidungen, die wir für unser Kind treffen, bevor es dies selber tun kann, sollten in seinem Interesse sein. Allen voran muss deshalb die Entscheidung “Pro Life”, also für das Leben stehen.